Mediation ist nicht nur eine Methode

Am 18. Juni fand zum vierten Mal der Internationale Tag der Mediation statt.
Ziel dieses Tages ist es, die Mediation als Verfahren der Konfliktlösung bekannt zu machen und über die Chancen einer eigenverantwortlich erarbeiteten Lösung zu informieren.

Einen sehr guten Überblick über die vielfältigen Angebote in der Region finden sich auf der Seite der Regionalgruppe Berlin-Brandenburg des Bundesverbandes Mediation. Es gab auch einen Flyer dazu.

Die taz hat zu diesem Anlass in der Wochenendausgabe ein paar Sonderseiten zum Thema Mediation (PDF-Dokument) veröffentlicht. Dabei werden in mehreren Artikeln verschiedene Themengebiete und ihre Berührungspunkte mit Mediation beschrieben. Diese Seiten zeigen sehr gut die vielfältigen Lebensbereiche, in denen sinnvoll und ergebnisorientiert an der Klärung und Lösung von Konflikten gearbeitet werden kann.

Ist so ein Tag der Mediation sinnvoll? Was bringt er überhaupt? 

Es gibt mittlerweile eine Menge an Gedenk-, Jahres- oder sonstigen Aktionstagen. Es gibt einige, die mich schmunzeln und einige, die mich den Kopf schütteln lassen. Bei allen stelle ich mir die Frage, ob diese aus Marketingzwecken ins Leben gerufen wurden. Die Frage kann auch beim Tag der Mediation gestellt werden, natürlich.

Also: Was bringt es, einen solchen Tag mit der oben erwähnten Programmvielfalt zu gestalten? Wer nimmt daran teil? Sind das Personen, die bisher noch nie etwas von Mediation gehört haben (bzw. kein Interesse daran haben, ihre Arme und Beine irgendwie meditationsmäßig zu verknoten 😉 )? Oder sind es andere Mediatoren, die im Sinne des „Netzwerkens“ auf solche Veranstaltungen gehen? Wer wird damit überhaupt erreicht?

Die meisten Fragen kann ich nicht beantworten. Meine persönliche Antwort auf die Frage, ob sich ein Tag der Mediation lohnt, kann ich geben: Ja, er lohnt sich.

Der Tag der Mediation lohnt sich, weil er aufgrund der vielfältigen Programmangebote, die Möglichkeit bietet, sich mit dem Thema Mediation auf individuelle Art auseinanderzusetzen.

Menschen, die bisher noch nie von Mediation gehört haben (oder bisher mit Yoga in Verbindung gebracht haben s.o.). Menschen, die gerade in einem oder mehreren Konflikten stecken und keine Lösung finden. Menschen, die vielleicht bisher gar nicht wissen (oder wahrnehmen), dass sie in einem Konflikt stecken.

Konflikte im Privaten mit Partnern, Freunden, in der Familie oder Konflikte im Berufsleben mit Vorgesetzten, Kollegen, Kunden.

Ein Tag der Mediation kann bewusst machen, dass Konflikte überall dort entstehen können, wo Menschen aufeinander- oder besser zusammentreffen. Er kann zeigen, dass es beim Umgang mit Konflikten darum geht,

  • dass die gemeinsame Lösungssuche besser ist als das „aushalten“ oder „bekämpfen“ eines Konfliktes,
  • die Entwicklungschancen und kreativen Möglichkeiten, die durch Konflikte entstehen können, gemeinsam zu entfalten und sinnvoll zu nutzen,
  • dass die Mediation bei Konflikten eine Lösung sein kann.

Wie viele Mediatorinnen und Mediatoren bin ich davon überzeugt, dass die Mediation eine sinnvolle und hilfreiche Unterstützung beim Umgang und der Bearbeitung von Konflikten ist.

Aus meiner Sicht steckt in der Mediation aber noch viel mehr drin.

Mediation ist nicht nur eine Methode, sondern sie ist eine Methode mit Haltung

Mediation ist eine Methode. Sie ist eine Methode, weil sie in einem Konflikt Leitplanken bieten kann, an denen man sich orientiert. Sie strukturiert den Ablauf auf dem Weg zur eigenverantwortlichen Konfliktlösung.

Dabei begleitet sie bei der Suche des Konfliktentstehungspunktes, interessiert sich für seine (Aus)Wirkung(en), fragt nach, achtet und wertschätzt die Bedürfnisse der Konfliktparteien, bietet Raum bei der Suche nach Lösung(swegen) und unterstützt bei der Entwicklung von gemeinsamen Vereinbarungen.

Mediation als Methode ist, in meinen Augen, ein wirkungsvolles Instrument für die Konfliktlösung. Aber sie ist noch mehr. Sie ist eine Haltung. Sie ist eine Haltung, die mich prägt und die mein Verhalten beeinflusst.

Ich habe mittlerweile einen anderen Blick auf Konflikte.

Für mich sind Konflikte Anzeichen für Störungen. Konflikte sind Hinweise dafür, dass Bedürfnisse und Interessen einer Person oder Gruppe nicht erfüllt sind. Ein Satz, ein (Nicht-)Verhalten, ein Ereignis entspricht nicht der eigenen persönlichen Erwartung und enttäuscht, verärgert, frustriert, verunsichert, macht Angst.

Diese Gefühle brauchen Raum, brechen hervor und drängen sich in die Kommunikation mit der/dem Anderen (deswegen spricht man ja auch oft vom Gefühlsausbruch). Und sie steuern das Verhalten von Menschen. Sie spiegeln die innere Gefühlswelt wieder.

In Konflikten treten (gewaltige) Gefühle zutage, deren Hintergrund man oft nicht (sofort) erkennt. Konflikte weisen nach meinem Verständnis darauf hin, dass etwas nicht gut ist, eine Sache nicht rund läuft, etwas ins Stocken geraten ist, es vielleicht doch kein so einfacher Plan ist.

Mich interessiert jetzt viel weniger, mit welchen Werkzeugen, Menschen auf Ihre Bedürfnisse hinweisen. Ich achte verstärkter auf das „dazwischen-“ oder „hinter den Konflikt schauen“. Ich möchte wissen, was der Auslöser für den Konflikt gewesen ist und welche Bedürfnisse und/oder Interessen nicht erfüllt sind.

Wenn die Konfliktparteien in einer Mediation an diesen Punkt gelangt sind, beginnen sie gegenseitig ihre Bedürfnisse anzuerkennen. Dann können sie den Fokus darauf legen, was zu tun ist, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen.

Das gleiche gilt für meinen Alltag, in dem ich viel stärker nach den Motiven hinter der schlechten Laune, der Verärgerung, des unangemessenen Verhaltens von anderen Menschen usw. frage. Dies ermöglicht es mir produktiv und aktiv an einer Veränderung zu arbeiten.

Und was hat das mit dem Tag der Mediation zu tun?

Ich wünsche mir, dass immer mehr Menschen von Mediation hören, ihre Ziele und Möglichkeiten kennenlernen, für sich eine mediative Haltung entwickeln lernen und diese im Privat- und Berufsleben sinnvoll einsetzen können.

Es gibt viele Wege auf denen man der mediativen Haltung begegnen kann. Die Unterschiedlichkeit der menschlichen Charaktere erfordert dies sogar. Und ein Tag der Mediation ist eine Möglichkeit.

Wie seht Ihr das? Wie sieht Eure mediative Haltung aus?

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